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Beinstraße

Beinstraße: Verjagt unter Fackelschein

Mein langer Abschied aus Aalen begann am 30. Januar 1933. Auf dem Aalener Marktplatz marschierten die SA-Horden im Fackelschein – sie feierten ihren neuen Reichskanzler Adolf Hitler. Anschließend prügelten sich die Braunhemden mit Kommunisten aus der Beinstraße – also die Straße, in der Sie sich gerade befinden. Sie erkennen es vielleicht heute noch an den kleinen Häusern auf dem historischen Foto: der Norden der Aalener Altstadt war eher kleinbürgerlich geprägt. Hinter dem Regenbaumbrunnen vor Ihnen wohnten vor allem Arbeiter, traditionell Wähler der SPD und KPD. Aalen und der umliegende Kreis waren zu Beginn der 1930er Jahre nämlich kein „braunes Nest“. Die Nationalsozialisten erzielten bei den letzten freien Wahlen 1932 nur 25 Prozent der Stimmen. Das klingt zwar viel. Andernorts in Nord- und Ostdeutschland erreichten sie jedoch fast 50 Prozent! Die Machtübertragung an die NSDAP im Januar 1933 änderte aber auch die Politik in Aalen. Seit dem Frühjahr 1933 hatte ich es mit einem tiefbraunen Stadtrat zu tun. Am liebsten hätten die neuen Stadträte mich gleich abgesetzt. Das war aber gar nicht so einfach. Schließlich war ich parteilos und hatte mich stets unbestechlich aus den politischen Querelen herausgehalten. Außerdem stellten sie sich auch unfassbar dumm an. Erst auf Intervention des NS-Kreisleiters Kling musste ich 1934 mit Schimpf und Schande meinen Hut nehmen. Ersetzt wurde ich 1935 durch den Karriere-NSDAPler Karl Schübel. Ich mochte mir nicht mehr ansehen, wie Schübel mein Aalen in eine nationalsozialistische Vorzeigestadt verwandelte. Ich ging nach Stuttgart und blieb dort auch bis an mein Lebensende 1942. Nur aus der Zeitung erfuhr ich, dass Schübel die Wehrmacht nach Aalen holte. Eine große Reiterkaserne, die Remonte entstand am Stadtrand. Er ließ Sozialwohnungen bauen für Volksgenossen, was natürlich Juden, Sinti und Roma ausschloss. Schübel bemühte sich auch, Aalen touristisch aufzuwerten. Beispielsweise wurde unter seiner Ägide das schöne schwäbische Fachwerk hier und da freigelegt. Ja, es stimmt: Meinem Nachfolger ging es wie mir in erster Linie immer um die Stadt. Allerdings war stets alles nationalsozialistisch gefärbt. Ein Beispiel? Er entdeckte Schubart als Identifikationsfigur für alle Aalener. Jedoch nicht als Vorkämpfer für die Freiheit und gegen die Tyrannei, sondern als Vordenker des nationalen Kampfs Hitlers. 1945 hatte der Spuk ein Ende: Hitlerdeutschland hatte den Zweiten Weltkrieg verloren. Aalen wurde durch amerikanische Truppen besetzt und befreit. Schübel aber – so viel kann ich schon mal verraten – blieb den Aalener aber noch lange erhalten.

Ort Aalen
Autor Tourist-Info Aalen
Kategorien
Stadtbild
Tourismus
Erinnern
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Bildquelle
Stadtarchiv Aalen
Urheber
Urheber Vergleichsbild
Tourist-Info Aalen
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