Fam. Grau um 1982
Zur rechten Seite des Bildes, auf der anderen Seite der Einmündung Veitstraße, befand sich das Wohnhaus der Familie Grau. Es stand ungefähr dort, wo heute ein kleiner Schneiderladen ist. Hier ereignete sich Folgendes:
In der „Herbert-Norkus-Straße“ 5 wohnte die Familie Grau. Der 69-jährige Leopold Grau Senior war Metzger und Viehhändler. Er stellte sich mit einem seiner Fleischermesser in die Eingangstür seines Hauses, als die pöbelnde und zerstörende Nazi-Gruppe auf sein Haus zulief. Der Polizist der Gruppe zwang den Familienvater mit vorgehaltener Pistole, den Eingang freizumachen. Auch hier im Hause Grau wurde, wie bei den anderen Häusern in Finthen, die Inneneinrichtung der Wohnung zertrümmert, mit der Besonderheit, dass die Nazis Lebensmittel, insbesondere Fleisch und Wurstwaren aus dem Metzgersladen, auf die Straße warfen und verbrannten. Plündern war verboten.
Zitat aus dem Buch von Herrn Prof. Dr. König: „Einer der Nazis riss ein weinendes jüdisches Kleinkind, den einjährigen Walter Grau aus seinem Bettchen, hielt ihn aus dem Fenster im oberen Stockwerk des Hauses Grau und schrie hinunter: 'Soll ich den Juddebankert enunner schmeiße?' Die verzweifelt schreiende Mutter stürzte sich auf diesen Nazi und es gelang ihr, ihr Kind an sich zu reißen und damit dessen Leben zunächst zu retten.“ Herr Grau Senior lief noch immer mit starrem Blick und leichenblass vor Erregung in seinem Anwesen umher, er hielt immer noch sein Messer in der Hand. Er sagte kein Wort. Herrn Prof. Dr. König fiel damals auf, dass weder im Haus Grau noch später im Haus Kahn die hier wohnenden jüngeren Männer anwesend waren. Später stellte sich heraus, dass man sie vor dem Pogrom in „Schutzhaft“ genommen hatte, ein von der nationalsozialistischen Führung geprägter Begriff. Schutzhaft bedeutet, dass den Nazis politisch unbequeme Personen - überwiegend Männer - von der Polizei in Gewahrsam genommen wurden. Auch sie endeten oft im Konzetrationslager.
Von Familie Grau gibt es keine Stolpersteine, da das Wohnhaus nicht mehr steht: Die Familie floh nach Argentinien.
Ort | Mainz |
Autor | hiztory |
Kategorien | Stadtbild Straße/Verkehr Rekonstruktion |
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Bildquelle | Karl Ries |
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