Judengasse Breisach 1937

Ich heiße Hans David Blum und bin in dieser Straße aufgewachsen. 

Das Foto hat Heinz Bähr an einem Sabbat aufgenommen. Man sieht, dass die Leute gerade nach dem Gottesdienst die Synagoge verlassen und feine Kleidung tragen. Ganz hinten im Bild sieht man unser Gemeindehaus. Das war 1937.

Hier am nördlichen Rand des Münsterberges durften sich Juden um 1648 niederlassen. Das war nach dem Dreißigjährigen Krieg. Sie kamen im Dienst der französischen Armee nach Breisach, als Vieh- und Pferdehändler. Die jüdische Gemeinde wuchs, und es entstand ein kleines Stadtviertel. Das war nicht einfach: Juden brauchten eine Erlaubnis, hier zu leben und jede Familie musste ein “Schutzgeld” bezahlen, eine Art Steuer. 

1697 wurde Breisach wieder Teil von Österreich, es war ein ständiges Hin-und-Her der Herrschaft und Zugehörigkeit. Kurz darauf konnte Josef Günzburger mit seinem klugen Handeln und dem Einfluß beim Markgrafen erreichen, dass sich an sieben anderen Orten am Oberrhein jüdische Gemeinden gründen durften. Josef Günzburger war so wohlhabend, dass er für alle “Schutzgelder” gerade stehen konnte! Sein Grab finden wir in Mackenheim im Elsass. 

Als ich hier aufwuchs, in den 20er Jahren, war die Judengasse voller Leben: Lebensmittel- und Haushaltswarengeschäfte, eine Metzgerei, natürlich Bäcker, eine Mehl- und Getreidehandlung, Textil- und Lederwarengeschäfte, ein Kolonialwarengeschäft, und ein Großhandel für Woll- und Weißwaren. Drei Gasthäuser standen hier: der Bären, der Adler und am Kupfertorplatz das goldene Schiff.

Die Alten saßen auf Bänken vor den Häusern und hielten gerne ein Schwätzchen.  Wenn die Schule aus war, spielten wir Kinder auf der Straße oder in den Gärten.