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1914 2021
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Kupfertorstraße 12 1914

Arzthaus Dr. Katz, Kupfertorstraße

Ich bin Hans David Blum und ungefähr 10 Minuten Fußmarsch von hier aufgewachsen. Man muß ganz genau schauen, um vor diesem Haus, Kupfertorstr 12, das kleine Messingschild auf dem Fußweg zu entdecken. Auf dem steht: Arzthaus seit 1872. 

Auf die Ärzte komme ich gleich zu sprechen, aber zunächst zum Ort. Von dem, was hier im 17. und 18. Jahrhundert stand, ist nichts mehr zu finden. 

Die Franzosen, die Breisach im 17. Jahrhundert mehrere Jahrzehnte besetzten, hatten genau hier ein großes Militärkrankenhaus gebaut. Breisach gehörte nach 1700 wieder zu Österreich. 

Bis zur Zerstörung durch Französische Truppen 1793 war hier ein Waisen-, Zucht- und Arbeitshaus mit angeschlossener Florettseiden- und Leinwandfabrik eingerichtet worden, die erfolgreich exportierte. Darüber informiert die Tafel an der Mauer. Die Unternehmer waren zwei Schweizer und Josua Uffenheimer, ein Jude aus Kippenheim. 

Der erste Arzt, der ein Sohn der Stadt Breisach war, hieß Max Wertheimer. Sein Großvater Abraham war als Buchhalter für Josua Uffenheimer aus Kippenheim gekommen.

Es ist erstaunlich, dass Max Wertheimer als Jude damals Medizin in Freiburg und Heidelberg studieren durfte. Er schrieb als Student eine preisgekrönte Arbeit über ein sehr wichtiges Thema, nämlich über Fragen der Infektionsgefahr von Müttern, die gerade entbunden hatten. Er kaufte dieses stattliche Haus, deshalb „Arzthaus seit 1872“. Als er älter wurde, verkaufte er Praxis und Haus. 

Ab 1895 hatte Breisach wieder einen jüdischen Hausarzt, Dr. Karl Hugo Katz aus Berlin. Er übergab Haus und Praxis dann seinem Sohn Dr. Fritz Katz und genau im Jahr meiner Geburt – 1919 – kaufte Dr. Hans Loewe Haus und Praxis. 

Dr. Loewe wurde der Hausarzt auch der jüdischen Gemeinde und war sehr beliebt. Er wurde von den Nazis schikaniert und musste nachweisen, dass er keine jüdischen Vorfahren hatte. Auch heute gibt es noch eine Praxis Loewe: es praktiziert die dritte Generation! 

 

Eine Kopie der Doktorarbeit von Dr. Max Wertheimer aus dem Jahr 1888 findet man heute im Blauen Haus. 

Das Original ist in der Universitätsbibliothek Freiburg aufgehoben: ganze 16 Seiten aus dem Jahr 1888! Es ist interessant, dass er das Thema, mit dem er als Student Aufsehen erregt hatte, noch einmal überarbeitet, aktualisiert und dann eingereicht hat. Zu einem Zeitpunkt, als Juden endlich die gleichen Rechte hatten. Wahrscheinlich war er sehr stolz, als jüdischer Arzt, der schon lange praktiziert hatte, doch noch den Doktortitel zu bekommen.

 

Ort Breisach am Rhein
Autor Blaues Haus
Kategorien
Stadtbild
Tourismus
Erinnern
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Lizenz Unbeschränktes Nutzungsrecht (Public Domain)
Bildquelle
Archiv für Stadtgeschichte Breisach am Rhein
Urheber
unbekannt
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Blaues Haus Breisach
Lizenz Vergleichsbild Alle Rechte vorbehalten
Bildquelle Vergleichsbild Blaues Haus Breisach
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