S. Maria in Cosmedin, Rom um 1899

In der Kirche Santa Maria in Cosmedin befindet sich der Mund der Wahrheit ("Bocca della Verita"). Harff nennt Vergil als Erschaffer des Bocca della Verita, dessen wirkliche Herkunft bis heute nichts vollends geklärt ist. Im Zuge der Herrkunftsfrage kursieren einige Sagen und Legenden, unter anderem die Bedeutung Vergils als "Hexer" im Mittelalter. Eine der Legenden erzählt Folgendes: 

Ein Ritter hatte seine Frau im Verdacht, mit seinem Kutscher zugange zu sein. Sie aber negierte diese Behauptung und entschuldigte sich standhaft bei ihm mit dem Erbot, sich bei der "Schlange" in Rom einen Reinigungseid zu erschwören. Der Ritter willigte ein, sie machten sich auf den Weg und fuhren gen Rom. Als sie im Wagen saß, sagte sie heimlich zum Kutscher, wenn sie nach Rom kämen, sollte er sich ein Narrenkleid anlegen, damit man ihn nicht erkannte und sich nahe der Schlange unter das Volk mischen. Das tat er, und als sie nach Rom kamen, erkannte Virgilius, dass die Frau schuldig sei, und ermahnte sie, den Eid zurückzunehmen und nicht zu schwören. Das wollte sie aber nicht, sondern streckte ihre Hand der Schlange in den Schlund und schwor ihrem Manne, dass sie mit dem Kutscher nicht mehr zu schaffen gehabt hätte als mit dem Narren, der dort drüben steht. Da fuhr der Ritter glücklich mit seiner Frau wieder nach Hause, sie entkam der Gefahr. Virgilius wurde sehr zornig und zerstörte die Schlange, da die Frau entkommen war. 

Arbeitsauftrag: 

Welche Bedeutung ist dem Bocca della Verita zugesagt worden? Versuche mithilfe der Legende die sagenhafte Wirkung herauszuarbeiten. Recherchiere dabei auch über Virgilius. 

Dem Bocca della Verita wird nachgesagt, dass man seine Hand hineinstrecken konnte und sie nur heil wieder herausziehen konnte, wenn man frei von Lüge sei. Andernfalls verliert man durch den Biss einer Schlange seine Hand. Die genaue Herkunft ist nicht geklärt, aber diese Sage ist im Mittelalter der Grund für viele Pilgerreisen gewesen. Eine moderne Sage erzählt auch von einem Soldaten oder römischen Bürger, der sich hinter den Mund positionierte, um an dieser Stelle "nachzuhelfen", indem er die Hände eigenhändig abschnitt.  

Der Ritter und seine Gemahlin pilgerten nach Rom mit der Absicht, den Mund der Wahrheit aufzusuchen. Aber auch andere Gründe bewegten Menschen zu dieser Zeit, Rom als Pilgerort aufzusuchen. Überlege dir Gründe, wieso man im Mittelalter eine Pilgerreise angetreten war. 

Der Grund für Pilgerreisen im Allgemeinen lag im Mittelalter im: 

• Erwerb von Reliquien für zuhause (mit heilbringendem Wert)
• Appellation in Rechtsfragen
• Wunsch nach Privilegien
• Dem völligen Ablass aller Sünden
• Vermehrung des Ansehens

Quelle: Text nach dem Volksbuch 'Eine schöne Historie von dem Zauberer Virgilius, seinem Leben und Tod und den wunderbaren Dingen, die er durch Negromantie und mit Hilfe des Teufels vollbrachte. Frankfurt am Main. Druck und Verlag von H. L. Brönner. Gedruckt in diesem Jahr, ed. Simrock, S. 36 f.
aus: Historische Sagen, Leander Petzoldt, Schorndorf 2001, Nr. 15, S. 16