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1561 2008
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Santa Maria in Aracoeli 1561

Südseite der Kirche mit Eingang zum Kapitolsplatz

Auf diesem Bild hat im Jahr 1561 ein anonymer Zeichner die Kirche Santa Maria in Aracoeli auf dem Kapitolsplatz dargestellt.

Im Vordergrund sieht man die Reiterstatue des Kaisers Marc Aurel, die vorher auf dem Platz des Lateran gestanden hatte. Als im 16. Jahrhundert überall in Europa die Reformation ihre Kreise zog, wurde Rom als christliche und päpstliche Hauptstadt immer wichtiger. Es reichte nicht mehr, nur den Vatikan attraktiv zu gestalten. Da das Kapitol zu diesem Zeitpunkt noch relativ unspektakulär aussah (auf der Zeichnung lässt sich der ungepflasterte Platz gut erkennen), ließ Papst Paul III. die Statue 1538 hierherbringen. 1979 wurde sie zum Schutz in die kapitolinischen Museen gebracht und auf dem Platz durch eine Kopie ersetzt.

Auch der Palazzo Nuovo wurde im 16. Jahrhundert errichtet. Jedoch begann der Bau erst zehn Jahre nach der Anfertigung der Zeichnung. 1571 begonnen, wurde der Palazzo erst 83 Jahre später fertiggestellt. Der Grund dafür: Man hatte schon einen Senatoren- und Konservatorenpalast sowie eine große Kirche. Ein weiteres Gebäude war überflüssig. Der Künstler Michelangelo plante den Palazzo nur aus ästhetischen Gründen. Bevor der Palazzo Nuovo gebaut war, begrenzte die Kirche Santa Maria in Aracoeli den Platz, wie auf der Zeichnung noch zu sehen ist.
Warum die Kirche selbst 1251 genau an dieser Stelle gebaut worden war und wie sie dabei ausgerichtet ist, zeigt einmal mehr, wie das Kapitol auf die (gesellschaftlichen) Entwicklungen in Rom „reagiert“.

Die Millionenstadt Rom war im Mittelalter zur Kleinstadt geworden (siehe Tourbeschreibung) und der größte besiedelte Bereich entstand am Tiber, da auch die antiken Wassersysteme nicht mehr erhalten waren. Wo in der Antike der Tempel der Juno Moneta gestanden hatte (vorheriges Bild!), bauten Mönche im frühen Mittelalter eine kleine Kirche auf dem Fundament des ehemaligen Tempels. Ca. 100 Jahre vor dem Bau von Santa Maria in Aracoeli (wie sie heute noch dasteht) hatte sich 1143/44 die Kommune gegründet, die sich stark in der Tradition antiker Herrschaftssysteme sah. Neben dem Papst und den adligen Baronen, die in Rom die Macht unter sich aufteilten, wollten auch die Bürger aus der Mittelschicht (z.B. Notare, Bankiers und Viehhändler) Einfluss auf die Stadt Rom haben. Ihr politisches Zentrum war der Senatorenpalast auf dem Kapitol. Da die Barone bald auch in der Kommune ihre Herrschaft ausübten, indem sie wichtige politische Ämter übernahmen, finanzierten sie 1251 den Neubau der dreischiffigen Basilika, die künftig als Gerichts- und Ratssaal diente. Hier versammelten sich die Mitglieder der Kommune und nach und nach wurden kleine Familienkapellen angebaut, die die Macht des Adels repräsentier(t)en.

Besonders war, dass die neue Kirche quer auf die Alte gebaut worden war, das Fundament des Tempels Juno Moneta also ungefähr dem heutigen Querschiff entspricht. Die herrschenden Barone auf dem Kapitol symbolisierten also gewissermaßen ihre Zuwendung zum Volk, in dessen Richtung der Eingang der großen Kirche liegt.

Mit dem Bau der Scalinata di Aracoeli (ital.: Treppe von Aracoeli) in der Mitte des 14. Jahrhunderts wurde die Verbindung von Kommune und Volk zusätzlich unterstrichen. Der Bauzeitpunkt ist wichtig, da die Treppe in ihrer Symbolik nicht nur die Verbindung des Volkes mit der Kommune, sondern auch eine Verbindung der Kommune mit Gott darstellt. Schließlich ist die Kirche Santa Maria in Aracoeli als Gotteshaus auch ein Zeichen göttlicher Legitimation der Kommune auf dem Kapitol. Diese Symbolik ist ausgerechnet im 14. Jahrhundert von großer Bedeutung, denn zu dieser Zeit war das Papsttum nicht in der Stadt. Was diese Abwesenheit des Papsttums außerdem mit ausgelöst hat und welche Rolle erneut die Kommune und der Kapitolshügel dabei innehatten, ist Inhalt des nächsten Bildes.

 

Die Kirche wurde im 13. Jahrhundert gebaut. Warum war es zu diesem Zeitpunkt so wichtig, den Haupteingang nach Westen auszurichten?

 

weiterführende Literatur:

- Hölscher, Fernande: Das Capitol – das Haupt der Welt. In: Stein-Hölkeskamp, Elke und Hölkeskamp, Karl-Joachim (Hrsg.): Erinnerungsorte der Antike. Die römische Welt. C.H. Beck (München 2006).

- Reinhardt, Volker: Geschichte Roms. Von der Antike bis zur Gegenwart. C.H. Beck (München 2008).

- Siebenhüner, Herbert: Das Kapitol in Rom. Idee und Gestalt. Kösel-Verlag (München 1954).

- Krautheimer, Richard: Rom. Schicksal einer Stadt 312-1308. 2. Auflage der deutschen Ausgabe, C.H. Beck (München 1996).

- Esch, Arnold: Rom. Vom Mittelalter zur Renaissance 1378-1484. C.H. Beck (München 2016), S. 24.

 

Ort Roma
Autor Romexkursion2018
Kategorien
Kirche/Kloster
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