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Spitalkellerei

Die Geschichte von der Wendelgard

„Zum Wohl der Stadt trotz Rüssel Fress ich aus dieser Schüssel. Die Wendelgard gleicht zwar dem Schwein Doch stärk ich mich am Haltnauwein“

Der Legende nach sprach jeder Ratsherr von Konstanz dieses Tischgebet, wenn er an der Reihe war, mit der unansehnlichen Wendelgard von Meersburg zu speisen. Diese legendäre Dame war sehr gütig. Allerdings wurde sie scheinbar von allen gemieden, da die Leute ihren buckligen und schweinsrüsseligen Anblick nicht ertrugen. Wendelgard meinte, die Leute würden sie vergiften wollen und wandte sich deshalb an die Ratsherren von Meersburg. Wendelgard bot an, die Erträge aus ihrem Weingut dem Spital zukommen zu lassen. Als Gegenleistung dafür müsse sie lebenslänglich versorgt werden, außerdem sollte täglich ein Ratsherr mit ihr speisen. Die Ratsherren aus Meersburg lehnten ab und so verhandelte Wendelgard  mit dem Rat der Stadt Konstanz. Die Stadt willigte ein und besaß seitdem Wendelgards Weingut Haltnau.

Diese Legende geht vermutlich auf die urkundlich belegte Schenkung eines Weinbergs an das Konstanzer Spital zurück. Der Bürger Ulrich Sumbri schenkte 1272 dem Heilig-Geist-Spital in Konstanz einen Weinberg in Haltnau. Das Spital  sollte dafür im Gegenzug Ulrichs Frau nach dessen Tod versorgen. Jährlich sollte  das Spital zwanzig Eimer Wein an seine Frau liefern, von deren Verkauf sie sich versorgen könne. Zwanzig Eimer entsprachen in etwa 1400 Litern. Schon allein diese Menge zeigt, dass es sich um einen wirklich großen und produktiven Weinberg handelte, der für die Stiftung überaus erträglich war. Die Stiftung bezog ihre Einnahmen häufig in Naturalien, um laufende Kosten zu decken. Zudem  war Wein im Mittelalter eine Alternative zum qualitativ schlechten Trinkwasser.

Im Gegensatz zum heutigen Wein hatte der mittelalterliche Wein einen geringeren Alkoholanteil. Er hatte dennoch eine desinfizierende Wirkung und wurde als schmerzbetäubendes „Medikament“, sowie auch als Zahlungsmittel genutzt. Das Spital verkaufte den überproduzierten Wein und finanzierte sich durch solche Geschäfte. Für Konstanz ist der Weinbau 1157 erstmals urkundlich erwähnt. Benachbarte Orte, in denen das Spital Besitztümer hatte, waren schon früher im Weinbau tätig. Um die Weine lagern zu können, wurden große Keller angelegt. Die Spitalkellerei Konstanz ist Deutschlands älteste und durchgehend bestehende Stiftungskellerei! Ein Kellermeister war für die Lagerung, Pflege und Verteilung unter den Angestellten im Spital verantwortlich. Auch die Patienten wurden mit Wein versorgt. Laut Spitalordnung standen jedem Patienten täglich drei Maß Wein zu. Dieser Brauch hat sich erhalten: Jedes Jahr zu Ostern verschenkt das Spital dem ältesten Bürger oder der ältesten Bürgerin in Konstanz drei Flaschen des besten Konstanzer Spitalweins.

Ort Konstanz
Autor fechti
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Stadtbild
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