Synagoge Freiburg 1930
Das Bild der alten Synagoge Freiburg aus dem Jahr 1930 wurde vom Dach des Theaters aufgenommen. Das Vergleichsbild haben wir im Jahr 2018 vom Dach-Balkon des nach 1945 neu aufgebauten Theaters fotografiert. Der genaue Blickwinkel ist nicht möglch, weil das Theater heute nicht mehr so hoch ist wie das alte Theater vor der Zerstörung durch den Krieg.
In jüngster Zeit wurde der Platz der Alten Synagoge in Freiburg neu gestaltet. Das Ergebnis sieht man hervorragend auf dem Wettbewerbsbild. Das Wasserbecken ist als Gedenkstätte gedacht. Da viele Kinder, Hunde und Erwachsene drin planschen, gibt es immer wieder heftige Diskussionen, ob dies so gelungen ist. Der israelische Gedenktag Yom Ha Shoah wurde dieses Jahr auf jeden Fall noch nie so eindrucksvoll begangen wie am neugestalteten Platz. Auch ein Schüler der Wettbewerbsgruppe, Jakob Brogle, hat aktiv teilgenommen und die ersten 40 Namen der 360 im Jahre 1940 deportierten jüdischen Bürger*innen Freiburgs vorgelesen.
Die alte Synagoge Freiburgs wurde stark zerstört in der Reichspogromnach am Morgen des 10. November 1938.
Die heutige orthodoxe jüdische Gemeinde besteht meist aus osteuropäischen Juden. Die Gemeinde hat seit 1985 wieder eine Synagoge – in der Nußmannstraße etwas versteckt, aber fast in unmittelbarer Nachbarschaft des Münsters. Die alte Eingangstür der zerstörten Synagoge konnte restauriert werden und ist bildet die Eingangstüre zum heutigen Gottesdienstraum!
Es gibt aber seit 1998 noch eine zweite liberale jüdische Gemeinde in Freiburg. Die Egalitäre Jüdische Chawurah Gescher Gemeinde begreift sich als die wirkliche Nachfolgegemeinde der zerstörten Synagoge, weil die alte Synagoge ein Gotteshaus für eine liberale Gemeinde war. Diese Gemeinde hat aber noch kein eigenes Gotteshaus.
Zu unserem Projektverlauf:
Unsere Wettbewerbsteilnahme der sechs Schüler*innen aus der Klasse 7a, inzwischen Klasse 8a, der Lessing-Realschule war von besonderer Motivation: Die Ururgroßmutter Agathe Burgert des teilnehmenden Schülers Pius Koch und seiner Schwester Emilia aus Bollschweil hatte die Familie der ehemaligen jüdischen Schülerin und Teile ihrer Familie versteckt und damit gerettet (Bild, Audio). Nelly Heilbrunner ist auf der Gedenktafel der Lessingschule erwähnt, weil sie die Zwangsschule für jüdische Kinder im Lessingschulgebäude (Bild), später im jüdischen Gemeindehaus neben der abgebrannten Synagoge, besuchen musste. Sie durfte die normale Schule aus rassistischen Gründen nicht mehr besuchen.
Diese Rettungsgeschichte haben wir genauer recherchiert und auf der Website der Geschichtswerkstatt veröffentlicht. Es gab Widerstand gegen das Unrechtsregime – aber viel zu wenig. Alle Versuche, das Hitler-Regime zu stürzen, sind gescheitert. ABER es hat sie gegeben die Stillen Heldinnen und Retter, deren Mut und Nächstenliebe (Bild, Audio) in der Nachkriegszeit jahrzehntelang niemand richtig interessierte (Bild, Audio). Erst im Jahre 2005 erschien das Buch: Judenretter im Dreieckland, herausgegeben von Professor Dr. Wolfram Wette. Diese Rettungsgeschichte ist dort kurz erwähnt.
Wir nahmen Kontakt auf mit den Nachkommen der Retterin Agathe Burgert und mit den Nachkommen der geretteten Schülerin Nelly Heilbrunner und erbrachten mehr in Erfahrung:
- wir besuchten das Versteck in Bollschweil (Bild, Audio)
- wir interviewten die Enkelin Ruth Beck der Retterin Agathe Burgert. Ruth Beck ist die Oma unseres Wettbewerbteilnehmers Pius Koch und seiner Schwester Emilia Koch (Bild,Audio). Sie hat uns vom St. Ursula Gymnasium mit ihrem Referat über diese Rettungsgeschichte weiter geholfen.
- wir brachten die Nachkommen der geretteten Familie, Tochter Christa R. und Enkelin Ellen R. von Nelly Heilbrunner(Bild,Audio1),(Bild,Audio2), (Bild,Audio3) und die Nachkommen der Retter Familie, Enkelin Ruth Beck, Ururenkel Pius und Emilia (Bild,Audio) erstmals in Bollschweil zusammen. Der Kontakt wird bestehen bleiben! Ellen R. wird sogar auf einer Podiumsdiskussion im November 2018 teilnehmen. Die Veranstaltungsreihe ERINNERN FÜR DIE ZUKUNFT anlässlich des 80. Jahrestages der Reichspogromnacht wird in einer Ausstellung NELLY HEILBRUNNER in kürzerer Version u.a. auch unsere Rettungsgeschichte der Öffentlichkeit präsentieren.
- wir besuchten auch das jüdische Sulzburg, denn Nelly’s Vater Oskar Heilbrunner war in dieser sehr alten jüdischen Gemeinde Sulzburg geboren. Leider gibt es keine alten Bilder der Synagoge – es entstanden aber Bilder bei der Führung durch die Synagoge durch einen Nachbar (Bild1)(Bild2). Die Expertin Sibylle Höschele zeigte uns das jüdische Sulzburg (Bild1)(Bild2). Sie hat auf der Homepage einen Link von Oskar Heilbrunner zu unserer Rettungsgeschichte gemacht. Jahrhunderte hatten Juden und Christen in guter Nachbarschaft zusammengelebt. Besonders deutlich war die Einkerbung einer ehemaligen Mesusa an einem Kellereingang. Die Synagogen in Sulzburg und in Kippenheim sind die einzigen Synagogen in Baden, die die Reichspogromnacht einigermaßen äußerlich unbeschadet überstanden hatten und vollständig wieder renoviert werden konnten. Grund dafür war die enge Bebauung. Die Nazis wollten die benachbarten Häuser von ‚Ariern‘ nicht gefährden.
- natürlich besuchten wir auch Felix und Heidi Rottberger auf dem alten jüdischen Friedhof in der Elsässerstraße in Freiburg. Sie wohnen heute im wiederaufgebauten Verwaltungsgebäude, aus dem die Familie Heilbrunner 1944 nach der Zerstörung geflohen war. Felix Rottberger hatte uns ein Jahr zuvor in der Lessingschule besucht. Er war unser Zeitzeuge und erzählte uns 6t-klässlern, wie er als junger Bub mit zwei Geschwistern die Nazizeit in Dänemark überlebt hatte. Ein zweijähriges Versteck auf einem dänischen Bauernhof rettete auch ihnen das Leben! Liam kann sich noch genau erinnern (Bild,Video).
Auf unserem Schulhof der Lessingschulen in Freiburg steht seit November 2016 ein Baum für Stille Helden (Baum,Gedenktafel). Es gedeiht eine Cercis, ein sogenannter gewöhnlicher Judasbaum. Er erinnert an drei Stille Helden aus Freiburg und aus Toulouse in Frankreich. Französische Schüler*innen haben ihn gepflanzt. Eine weitere Erklärungstafel sollte auch Agathe Burgert und Maria Hartmann ehren! Das ist unser nächstes Projekt!
Es starben im Holocaust 1 500 000 Kinder und Jugendiche ---. Von unseren über 60 Schüler*innen der Zwangsschule haben ca. 80% überlebt! – Aber meist ohne ihre Eltern, die oft 1942 in Auschwitz starben. - Nach der Deportation nach Gurs am 22. Oktober 1940 haben Stille Heldinnen und Helden die Kinder in Heimen, auf Bauernhöfen, in Klöstern… versteckt. Viele sind illegal in die Schweiz gebracht worden. VIELE IHRER NAMEN SIND UNS NOCH UNBEKANNT. ABER DIESE RETTER SIND UNS EIN BEISPIEL FÜR TOLERANZ UND ZIVILCOURAGE! (Gedenktafel 2004)
Teilnehmer*innen des Wettbewerbs ‚ERINNERUNG SICHTBAR MACHEN – 80 Jahre Reichspogromnacht‘ sind folgende sechs Schüler*innen:
Laura Asal, Anna Beck, Jakob Brogle, Pius Koch, Liam Neidhardt, Klasse 8a, Geschichtswerkstatt der Lessing-Realschule Freiburg. Emilia Koch, 10. Klasse, St. Ursula Gymnasium Freiburg. Projektleitung Jessica Mack und Rosita Dienst-Demuth.
Ort | Freiburg im Breisgau |
Autor | geschichtswerkstatt |
Kategorien | Stadtbild Erinnern Synagoge |
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Bildquelle | Stadtarchiv Freiburg |
Urheber | Unbekannt |
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Bildquelle Vergleichsbild | Platz der Alten Synagoge |