volume_down Audio
close
comment Kommentieren
share Teilen
info Infos

Zerstörungen im 2. WK 1940

Blick von der Hauptgasse in die Kirchgasse

Schau doch nur, was unserem Neuenburg widerfahren ist. Nur 21 Jahre nach dem großen Krieg brach erneut ein Unheil über die Welt herein. Als wir am 1. September 1939 den Polen den Krieg erklärten, hatten wir hier im Südwesten des Deutschen Reiches noch keine Angst vor einer Eskalation. Zu groß waren die räumliche Distanz und unsere Lebensfreude. Dies änderte sich bereits zwei Tage später: Die Briten und die Franzosen erklärten uns den Krieg! Am 3. September 1939 wurde ich mit meinen zwei Töchtern und den restlichen Frauen, alten Leuten und Kindern aus der Stadt evakuiert. Da sich jedoch die Lage zu beruhigen schien, durften wir alle wieder bald nach Hause. Doch nicht für lange, denn im Mai 1940 gerieten wir unter französischen Granatenbeschuss! Erneut wurden wir, und dieses Mal sogar die Männer, evakuiert. Nur unser tapferer Bürgermeister Eduard Linsenboll und 15 weitere Männer blieben zurück. Einer der Männer erzählte mir davon, was dann geschah: Vom 9.-13. Juni beschoss die französische Artillerie unsere Stadt im großen Stil. Man sagte mir, die Wehrmacht stellte hier absichtlich Attrappen von Kriegsmaterial auf, um die französische Luftaufklärung zu täuschen. Na, das scheint funktioniert zu haben. Über 3000 Granaten, erzählte der Mann mir, sind hier explodiert. Alles brannte, es gab weder Strom noch Wasser und der gesamte Stadtkern lag in Schutt und Asche. Kurz darauf kamen wir zurück und ich nahm das Foto auf, das ihr gerade seht. Von dort an lebten wir in provisorischen Barackenlagern und bauten die Stadt in mühevoller Arbeit wieder auf, bis wir im November 1944 erneut beschossen wurden und ein drittes Mal evakuiert werden mussten. Alles, was bis dahin von Schäden verschont blieb, und alles, was wir neu aufgebaut hatten, wurde gleichermaßen von der Zerstörung heimgesucht. Nun stehen wir Neuenburger zum dritten Mal vor den Trümmern unserer Stadt und hoffen, dass es das letzte Mal sein wird.

Mein einziger Lichtblick in dieser Zeit war, bald wieder meine zwei Jungs in den Arm zu nehmen. Doch der Krieg zerstörte nicht nur meine Heimat, sondern auch diese Hoffnung. So viele Menschen mussten durch den Krieg so viel Leid erfahren, dass es schwerfällt zu glauben, dass ein größerer Sinn dahintersteht. Ich bete dafür, dass alles bald vorbei ist.

Sophie: Wie meine Uroma und ihre Mitbürger diesem Chaos trotzten und sich nicht unterkriegen ließen, erzählt sie dir bei der Liebfrauenkirche die Straße hinunter.

Ort Neuenburg am Rhein
Autor Landesgartensch...
Kategorien
Stadtbild
Erinnern
Kirche/Kloster
Suchbegriffe / Tags
Lizenz Alle Rechte vorbehalten
Bildquelle
Stadtarchiv Neuenburg am Rhein
Urheber
Friedrich Gutermann
Zugeordnete Touren Jahrhunderte der Zerstörung

Satellitenansicht