RD: Rheinbegradigung 1885

Der Rhein. Ich bin gerne an diesem schönen Fluss, hab´ ihn aber auch schon reißend erlebt – bei Hochwasser. Dann sind von der Insel im Fluss nur noch die Bäume über dem Wasser zu erkennen. Früher teilte sich der Fluss an vielen Stellen und floss in vielen parallelen Armen. Diese Art von Flussverlauf wird „verzopft“ genannt. Wie bei einem Haarzopf teilen sich Stränge und treffen später wieder zusammen. Auf dem oberen Teil des Titelbildes ist der Verlauf des Rheins zu Beginn des 19. Jh. hier in der Gegend von Neuenburg zu sehen. Der untere Teil des Bildes zeigt den Verlauf des Rheins nach seiner Begradigung. Das war damals ein riesiges Unterfangen – es gab ja noch keine Bagger und viel Erde musste bewegt werden. Johann Gottfried Tulla war der Mann, der dieses Projekt geplant hat, das dann 1840 hier am südlichen Oberrhein umgesetzt wurde. Am Rhein zu leben und zu sehen, welche Kraft dieser Fluss bei Hochwasser hat – dann werden ganze Bäume entwurzelt und weggespült – hilft mir zu verstehen, warum man diesen großen Fluss damals bändigen wollte. Die Menschen hatten Angst vor dieser Naturgewalt und das zu Recht. Der Fluss floss früher unmittelbar vor den Toren der Stadt entlang und zerstörte 1525 bei einem Hochwasser das Neuenburger Münster. Mehr dazu erfährst du von meiner Vorfahrin Ursula Rheinaue beim Tourpunkt „Das fatale Hochwasser 1525“ in der Tour „das mittelalterliche Neuenburg“.

Der Rhein bildet auch die Grenze zwischen Deutschland – dem damaligen Großherzogtum Baden – und Frankreich. Sie verläuft heute in der Mitte des Flusses. Als der Rhein noch viele Arme hatte, war gar nicht so klar, welcher genau die Grenze darstellt. In den weiteren Themen dieser Tour wird die Grenze jedoch noch eine wichtige Rolle spielen. Das Land mit den Streuobstwiesen, auf dem die Landesgartenschau liegt, gäbe es ohne die Begradigung gar nicht. Es sähe eher so aus wie da unten beim ehemaligen Hafen. Der Blick lohnt sich, denn die Auen sind eine ganz andere Welt als hier oben und stellen einen wichtigen Naturraum dar. Von diesem besonderen Naturraum gibt es seit der Begradigung viel weniger.