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1935 2018
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Festumzug in Finthen um 1935

Festumzug in der Bahnhofstraße in Finthen

Finthen gehörte in der nationalsozialistischen Zeit ab 1933 noch nicht zu Mainz und war ein Bauerndorf. Daher ist es ungewöhnlich, dass hier überhaupt Juden lebten, da sie sich zumeist in Städten ansiedelten oder dort Immobilien der Familie übernahmen. Juden durften keinen eigenen Grundbesitz haben, was wenig Anreiz gab, in ein landwirtschaftlich arbeitendes Dorf wie Finthen zu ziehen, das überwiegend von Feldern und Obstwiesen lebte. Ihre Berufswahl war eingeschränkt, allerdings waren sie zum Beispiel Metzger, so auch Leopold Grau, der Rindsmetzger in Finthen war. Seine Geschichte finden Sie in der ehemaligen Herbert-Norkus-Straße 5, wo sich sein Geschäft und Wohnhaus befand.

Bekannt ist, dass es in Finthen eine sogenannte Judengasse gegeben hat, in der heutigen kleinen Verbindungsstraße zwischen Henri-Dunant-Straße und Poststraße. Die Poststraße wurde im „Dritten Reich“ „Adolf-Hitler-Straße“ genannt. Zudem gab es ein "Judenhof" genanntes Gut, mehr dazu hier.

Für die Opfer des Nationalsozialismus wurden und werden in Deutschland sogenannte „Stolpersteine“ verlegt. Für diese Arbeit ist Gunter Demnig, Jahrgang 1947, zuständig. Er verlegt die goldfarbenen Steine. Sie heißen Stolpersteine, weil man im wörtlichen Sinn und im Kopf über sie stolpern soll, um sich klarzumachen, welche Qualen und Erniedrigungen die Opfer - überwiegend Juden -, denen die Steine zur Erinnerung gelegt worden sind, erdulden mussten. Um die Inschrift auf den Steinen aus Messing lesen zu können, muss man sich – symbolisch – vor den Opfern verbeugen, möchte man die Inschrift lesen. Einer dieser Gedenksteine aus Messing kostet etwa 150€, die übernimmt oft die örtliche Gemeinde. Die Initiative zur Stolpersteinverlegung in Mainz-Finthen ging vom Zeitzeugen Benno König aus.

Vor dem eigentlichen Novemberpogrom am 10. November 1938, der oft auch als Reichskristallnacht bezeichnet wird, war nationalsozialistisches Gedankengut in Finthen nur teils verbreitet, obwohl es spätestens seit Hitlers Amtsantritt als Reichskanzler mit Ernennung durch Reichspräsident Paul von Hindenburg am 30. Januar 1933, kein Geheimnis war, was der "Führer" und seine Partei NSDAP für Absichten hatten. Viele Menschen wollten schlicht nicht wahrhaben, dass das Land, dem sie im Ersten Weltkrieg treu gedient hatten, sich nun gegen sie, die sich doch als Deutsche fühlten, selbst sahen und auch so bezeichneten, stellte und teils gar verfolgte und ermordete. Zu sehen ist diese nur zu Teilen vollzogene Nazifizierung exemplarisch am vorliegenden Bild. Zu sehen ist ein Festumzug in der Bahnhofstraße, heute Poststraße, mit Blickrichtung zum alten Rathaus (heute Filiale der Sparkasse und Arztpraxis). Es handelte sich wohl um einen Zug an einem Feiertag Mitte der dreißiger Jahre, die am Straßenrand an den Fassaden angebrachten Flaggen sind überwiegend hessisch (rot-weiß), es sind nur vereinzelt Hakenkreuzflaggen gehisst. Besonders in späteren Kriegsjahren waren Hakenkreuzflaggen jedoch ein Muss, gerade bei Militärparaden und Umzügen, oft hingen etliche Flaggen auf nur wenigen Quadratmetern. Solch späte Zeugnisse des Nationalsozialismus dürfen allerdings nicht zu dem Schluss führen, die meisten Deutschen wären Nazis gewesen. Tatsächlich schaffen es in solchen Situationen, so auch in Finthen, radikale Mindeheiten in großem Maß auf sich aufmerksam zu machen: Dadurch entsteht der Eindruck, hinter der Bewegung stünde ein Großteil der Bevölkerung. Der am Novemberpogrom durch Finthen ziehende Mob (s. unten) wurde von einem Polizisten begleitet, durch einen Uniformierten vevrstärkte sich der Eindruck der Legitimation.

In den Folgejahren stieg die Begeisterung für den Nationalsozialismus im damals einfachen Ort Finthen deutlich, der Judenhass gipfelte auf lokaler Ebene schließlich im Novemberpogrom 1938. Dabei überfiel ein Mob von gestandenen Nationalsozialisten und Symphatisanten unter den Blicken von Schaulustigen, darunter auch Schulkinder, die Häuser der Familien Henlein, Marx, Winterfeld, Kahn, Grau und Weis. Für die Familien Henlein, Marx und Winterfeld sowie das Ehepaar Weis wurden Stolpersteine gelegt.

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